21. SONNTAG im Jahreskreis

 

Evangelium nach Matthäus (16,13-19)

 

Ein christlich denkender Schriftsteller sagte: „Die Kernaussage des Christentums, dass Gott in Jesus von Nazareth selber Mensch geworden sei und durch Christi Kreuzestod und Auferstehung alle Menschen errettet habe, verstehe ich nicht wirklich.“ Das ist eine ganz ehrliche Aussage, die den Finger auf einen wunden Punkt legt. Ein Theologe umschreibt es so: „Die gegenwärtige Glaubens- und Kirchenkrise ist nicht (nur) eine Krise der gesellschaftlichen Entwicklung, der Skandale in der Kirche, des Konsumwahns.... Sie ist eine Krise des Verständnisses der Botschaften des Glaubens, der Übermittelung („Verkündigung“) durch die Kirche, der „Abgehobenheit“ und der „Krise der Sprache“. Ein Beispiel dafür finden wir im heutigen Evangelium.

Auf die Frage: „Wer bin ich für euch?“, antwortet Petrus: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Petrus antwortet in der Sprache, mit Begriffen und Vorstellungen seiner Zeit. Verstehen wir die heute noch? Ist das auch wirklich unsere innerste Überzeugung? Müssen wir das nicht anders formulieren, so dass es für uns verständlich und plausibel ist?

Wenn wir Christen an Jesus Christus glauben, dann bekennen wir, dass wir einen konkreten historischen Menschen, der vor 2000 Jahren in einer ziemlich unbedeutenden Weltgegend gelebt hat und gestorben ist, so mit Gott in Verbindung war, dass wir glauben, Gottes Wesen zeige sich unüberbietbar und definitiv in diesem einen Menschen. Jesus wirkt real auf unserer Welt und in seinen Worten, Taten und in seiner Gottesbeziehung ist er so überzeugend, dass er später Sohn Gottes genannt wird. Durch ihn hat Gott in unsere Menschheitsgeschichte eingegriffen. Was hat das zu bedeuten?

Unser Universum, hat sich seit ca. 14 Milliarden Jahren (seit dem so genannten „Urknall“) entwickelt und dehnt sich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit immer weiter aus. In ihm hat sich irgendwann Leben und schließlich die Menschheit entwickelt, und zwar auf einem winzigen Punkt, den man „Erde“ nennt. Was ist also der Mensch in diesem riesigen, kalten und angsterregenden Universum? Ein Nichts, verloren im All? Können wir ihn, wie es früher geschah, noch die „Krone der Schöpfung“ nennen? Ist er ein sinnloses Nebenprodukt der Evolution? Um uns vom Gegenteil zu überzeugen, kommt Gott uns in Jesus entgegen, spricht zu uns und teilt uns mit, dass wir ihm viel wert sind. Er bietet uns seine Hilfe an, indem er uns Orientierung und Sinn gibt und zeigt, wie wir leben sollen, damit wir in dieser gigantischen Entwicklung unser Ziel erreichen können. In und durch Jesus befreit Gott uns also aus dem Gefühl der Verloren- und Sinnlosigkeit. So ist Jesus dann auch unser „Retter“. Deswegen glaube ich an Jesus Christus, bin ich Christ, halte ich mich an ihn und an seine Vorstellungen vom Menschsein.

Durch unseren Glauben an Jesus Christus ändert sich unsere Vorstellung vom Menschsein und unsere Vorstellung von Gott. Sie ist anders, als was wir in der heutigen Welt vorfinden: Die Terrorwelle, die Europa zur Zeit überzieht; Säbelrasseln in Korea; ein amerikanischer Präsident, der nicht am Wohlergehen aller Völker interessiert ist, sondern nur seine eigenen Interessen durchsetzen will: „America first“; populistische Politiker, die nur die tief verwurzelten Angstinstinkte der Menschen schüren: Angst vor allem Fremden, vor dem „Ausländischen“, das nur als Bedrohung dargestellt wird. Aber die Probleme, die durch „Fremden“ tatsächlich entstehen, löst man nicht, indem man sie „ausgrenzt“, „abschiebt“. Man verdrängt sie so, aber in unserer globalisierten Welt werden sie uns trotzdem früher oder später einholen.

Ein Christ, der an Jesus glaubt, denkt anders. Nicht umsonst hat dieser Jesus gleich am Anfang gerufen: „Ändert euch, kehrt um, ändert euer Denken“! Nehme ich Jesus voll an oder nicht? Glaube ich nur das, was mir passt und so lange es mir nicht unbequem wird? Traue ich mir zu, gegen den Strom zu schwimmen?

„Wer bin ich für dich?“ , fragt Jesus. Glaube ich wirklich an ihn und denke und lebe ich danach?

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